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Dirk Bernemann: Trisomie so ich dir (Rezension)

Dirk Bernemann: Trisomie so ich dir (Rezension) 1

Normalerweise fällt es mir nicht schwer, über ein Buch zu  berichten, den Inhalt zusammenzufassen und es zu kritisieren. Mit dem Buch Trisomie so ich dir von Dirk Bernemann habe ich aber doch so einige Probleme. Dementspechend möchte ich euch als Inhaltsangabe auch den Covertext vorstellen.

Inhalt: Roy hat ein Herz aus Pudding, Solveig züchtet Illusionen und Ingeborg muss am Ende ihres Lebens ihre Liebe halbieren. Die Leben dreier Menschen kollidieren, antriebsgestört, gefühlsüberfüllt und impulsbescheuert. Dabei passieren unnacherzählbare Dinge, bei denen nicht nur Gott lieber wegschaut. Dirk Bernemann erzählt die verstörenden Biographien von drei Zufallsexistenzen, deren Lebenswege wie Regentropfen an der Fensterscheibe zusammenlaufen. Dazu benutzt er eine Sprache, die gleichzeitig dokumentiert und herzergreifend berührt.

Vorweg hat mich das Buch inhaltlich durchaus angesprochen. Drei Existenzens, deren Leben sich auf zufällige Weise miteinander verbinden werden vorgestellt. Da ist der behinderte Roy, der in einer Werkstatt arbeitet und sich in Solveig verliebt. Da ist Solveig, die Sozialpädagogik studiert, aber mit ihrem Leben nichts anzufangen weiss und da ist die alte Frau, die bei Solveig im Haus wohnt und deren Mann nach einem Schlaganfall im Sterben liegt.

Drei Existenzen, die alle eher negativ behaftet scheinen. Die Geschichte ist inn kurze Kapitel gegliedert und liest sich dadurch fließend und schnell. Die einzelnen Charaktere werden vom Autor differenziert beschrieben und der Schriebstil ermöglicht einen Einblick in ihre Gedankenwelt. Manche Gedanken oder Erinnerungen möchte man dabei nicht unbedingt hören, da sie das Elend eines Individuums schonungslos darstellen. Sehr gut beschreibt Bernemann wie die Gesellschaft mit einzelnen Individuen umgeht, insbesondere denen, die nicht oder nicht mehr den Ansprüchen einer Leistungsgesellschaft entsprechen. Sowohl Roy als auch die alte Frau werden als Randfiguren betrachtet. Nur weil Roy anders aussieht, halten seine Mitmenschen ihn für ein Kind und behandeln ihn auch ebenso. Auch die alte Dame, die als ihr Mann stirbt und abgeholt wird von den Grabträgern damit abgespeist wird, dass sie ja wohl genug Zeit gehabt hätte sich zu verabschieden und die Männer ihre Arbeit machen lassen solle, wird eher als Ballast gesehen.

Meist kann man als Leser die schlechte Behandlung der Hauptcharaktere durch andere Protagonisten nicht verstehen und stellt sich vor, dass man selbst in der Situation anders handeln würde. Als außenstehender Leser ist es einfach diese Postion einzunehmen. Dennoch musste ich mich selbst beim Lesen mehrfach dabei ertappen, dass ich Roy als Kind sehe und nicht als erwachsenen, 28jährigen Mann, der er ist. Genau dieses Gefühl von Roy, immer von allen als Kind gesehen und nicht als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft anerkannt zu werden bringt der Autor durch die Gefühlswelt Roys sehr gut zum Vorschein. Menschen stehen um Roy herum und sprechen von ihm, wie von einem Tier, niemand spricht ihn an, alle sprechen nur über ihn,  den „behinderten Jungen“. Seine Mutter legt ihm jeden Tag eine Scheibe Wurst mit Gesicht auf den Teller, ohne Roy zu fragen, ob er diese mag und an eine Wohngemeinschaft oder eine andere Möglichkeit des eigenständigen Lebens für Roy wird gar nicht erst nachgedacht. Die Nachbarn könnten ja denken, dass man das behinderte Kind abschieben wolle…

Was mir an diesem Buch allerdings nicht so sonderlich gefällt, ist die starke Konzentration auf Sex. Bei Solveig, ihrer Mitbewohnerin und Roy dreht sich die Gendakenwelt um kaum etwas anderes. Auch sprachlich finde ich die Ausdrucksweise, die mit vielen Fäkalausdrücken und unschönen bildlichen Darstellungen gespickt ist, nicht wirklich angenehm zu lesen. Das ist mit Sicherheit Ansichtssache, aber mir persönlich ist dieser Sprachstil zu extrem.

Trisomie so ich dir: Being behindert ist im Unsichtbar Verlag erschienen und kostet 12,95 Euro. Das Buch hat 188 Seiten.

 

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