Nicht weit von Berlin, mit der Regionalbahn nur etwa 30 Minuten entfernt, findet man den Ort Beelitz. Beelitz ist insbesondere für seinen Spargel bekannt, im Frühling bekommt man bei uns überall Beelitzer Spargel zu kaufen, der besonders lecker und aufgrund der regionalen Nähe natürlich auch sehr frisch ist. Außerdem hat das im brandenburgischen Fläming gelegene Beelitz noch eine ganz besondere Sehenswürdigkeit, die ich mir mit anderen Bloggern und Instagramern wie der lieben Laura von herzanhirn, Inka von blickgewinkelt, Daniel Anhut und Thai von Loewe7 bei einer ganz besonderen Tour ansehen durfte.
Kurz zum historischen Hintergrund von Beelitz Heilstätten – Mit dem Bau von Beelitz Heilstätten wurde 1898 begonnen. Damals war Tuberkulose in der schnell wachsenden Stadt Berlin ein großes Problem und da Penicillin noch nicht erfunden war, gab es noch keine effektiven Behandlungsmethoden für die breite Maße der Erkrankten. Die Landesversicherungsanstalt Berlin ließ deshalb außerhalb der Stadt, fernab vom Dreck, der Enge in den kleinen, oft feuchten Wohnungen eine hochmoderne Heilanstalt auf einer Fläche von 200qm erbauen, in der die Menschen der Arbeiterklasse unter anderem durch frische Luft und gute Ernährung von der Tuberkulose geheilt werden sollten. Hierbei wurde nicht nur bei den Heilmethoden, sondern auch bei der Architektur nach neuesten Kenntnissen gearbeitet, sodass Beelitz Heilstätten eine Vielzahl an Innovationen besaß. So wurde beim Bau darauf geachtet, im Innenbereich keine Ecken zu haben, um eine bestmögliche Reinigung der Räumlichkeiten zu ermöglichen und Bakterien keine Möglichkeit zu geben, sich in Ritzen und Fugen festzusetzen. Auch das externe Heizkraftwerk mit seiner Kraft-Wärme-Kopplung, das eigentlich erbaut wurde, um die Luft in direkter Nähe der Patienten sauber zu halten, war ein absolutes Novum für die damalige Zeit und steht heute unter Denkmalschutz. Im 1. und 2. Weltkrieg wurden die Gebäude zum Lazarett umfunktioniert und gingen nach dem Krieg an die sowjetische Besatzungsmacht über, die aus Beelitz Heilstätten bis 1994 ein Militärkrankenhaus machten. Nach der Wiedervereinigung gab es unterschiedliche Nutzungsprojekte. Ein Teil der Häuser wurde bereits restauriert und wird auch heute noch als Klinikum verwendet, andere Gebäude verfallen und waren jahrelang heimlicher Treffpunkt für die Jugend der Umgebung, bis sie seit einigen Jahren auch offiziell für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.
Touren durch Beelitz Heilstätten – Heute kann man über go2know Führungen durch die verlassenen Gebäude und Ruinen machen. Die ausgebildeten Guides geleiten einen dabei durch die Häuser und wissen spannendes zur Geschichte zu berichten. Go2know hat sich darauf spezialisiert solch geheime Orte zu erkunden und insbesondere Fotografieinteressierte hindurchzuführen. Beelitz Heilstätten ist dafür natürlich besonders geeignet, aber insbesondere in Brandenburg und auch Berlin gibt es noch eine Vielzahl weiter von Menschen verlassener Orte, die man so erleben kann. Wir haben verschiedene Gebäude besucht, unter anderen die ehemalige Chirurgie, das Haus, in dem sich die Küche befand und das Alpenhaus, das im Krieg ausgebombt wurde und dementsprechend nur noch eine Ruine ist. Ein ganz besonderes Highlight, das anderen Gästen der Touren durch Beelitz Heilstätten sonst vorenthalten bleibt, war ein Mittagessen bei Kerzenschein mitten in den Ruinen. Der Kontrast von Zerstörung und diesem wundervollen Arrangement aus Tisch und Buffet, kalten, grauen Oktobertag und dem Duft von leckerem Essen war außergewöhnlich, was noch einmal durch das regionale Essen vom Fliederhof unterstrichen wurde.
Gesättigt ging es dann weiter, hinauf in luftige Höhen auf den neu erbauten Baumkronenpfad Baum und Zeit. Man kann sowohl zu Fuß auf den in 20 Meter Höhe gelegenen Pfad gelangen, als auch per Fahrstuhl, der einen auch noch höher bis zum Aussichtsturm bringt. Von hier hat man einen großartigen Blick über das weitläufige Gelände von Beelitz Heilstätten, dass vorwiegend von Wald geprägt ist. Der Baumokronenpfad schlängelt sich durch diesen Wald, der zur Zeit in herbstlichen Farben leuchtet. Vom Weg aus kann man die Gebäude noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive betrachten. So befindet sich auf dem ehemaligen Alpenhaus inzwischen ein eigener Wald, der dort im Laufe der letzten Jahrzehnte eigenständig gewachsen ist und den man von unten fast völlig übersieht. Der Baumkronenpfad soll in nächster Zeit auch noch erweitert werden, sodass dann unter anderem auch die Chirurgie von oben aus betrachtet werden kann. Vanitas – Verfall – Zerborstene Scheiben, dunkle Gänge, einstürzende Decken, von der Wand bröckelnden Putz, gesprungene Fliesen und zerstörte Einrichtungsgegenstände. Warum ist Verfall so faszinierend? Weil wir sehen, wie vergänglich alles doch ist und uns auch unserer eigenen Vergänglichkeit bewusst werden? Oder weil solche Ruinen etwas mystisches in sich tragen? Man wandelt durch die dunklen Gänge, lauscht der Geschichte der Gebäude und hat doch gleichzeitig die ganze Zeit ein leicht mulmiges Gefühl. Man fühlt sich ein bisschen wie in der Kulisse eines Gruselfilms und ich wäre nicht sonderlich erstaunt gewesen, wenn ein Geist durch die verlassenen Räumlichkeiten der Chirurgie gehuscht wäre. Ist vielleicht gerade auch das das faszinierende an diesen verlassenen Orten? Die Suche nach dem Übernatürlichen und die Möglichkeit unserer Fantasie freien Lauf zu lassen? In jedem Fall ist ein Besuch von Beelitz Heilstätten und eine Führung durch die Gebäude der ehemaligen Lungenklinik ein außergewöhnliches Erlebnis und gerade wenn ihr in Berlin wohnt, solltet ihr diesen besonderen Ort unbedingt einmal besuchen.
5 Antworten zu “In den Ruinen von Beelitz Heilstätten”
Hi!
Toller Bericht und spannende Fotos! War es da nicht ziemlich unheimlich? Ich stelle mir das ganz schön gruselig vor…. 🙂
LG KleinerVampir
Wow total toll, da wäre ich sehr gerne dabei gewesen. Ich liebe Lost places, kenne aber hier in Berlin einfach viel zu wenig. Also falls du mal wieder eine besuchst sag mir bescheid 🙂
Liebe Grüße,
Fio
So, jetzt hab ichs endlich geschafft, den Bericht zu lesen. Sehr faszinierend. Ich wohne zwar nicht in Berlin, aber vielleich tergibt sich ja trotzdem mal die Gelegenheit. ICh bin immer etwas zwiegespalten ob der Graffitis in solchen Gebäuden. Irgendwie mag ich es pur lieber, auch wenn manche an sich gut aussehen. Aber für mich paßt das irgendwie nicht so richtig zusammen. VIelleicht bin ich da etwas eng ;))
Liebe Grüße
Dörte