Vor kurzem besuchte mich eine sehr liebe Freundin, die zur Zeit in London lebt und dabei fiel mir auf, dass ich euch noch gar nicht von meinem Ausflug in ihre italienische Heimat Neapel berichtet habe. Nachdem ich sie schon einige Zeit nicht gesehen hatte, weil sie für eine Weile bei ihren Eltern lebte, freute ich mich sehr über die Einladung. Sie lebt zwar im etwa 30 Minuten entfernten Torre Annunziata, aber Neapel als nächstgelegene größere Stadt ist natürlich häufiges Ziel. Ich war bereits vor einigen Jahren einmal im Hochsommer für eine Woche mit einer Freundin in Neapel, sodass ich die touristischen Highlights schon kannte und mir Neapel diesmal ganz entspannt anschauen und genießen konnte, so wie es dem neapolitanischen Lebensgefühl entspricht. Dieses wird in vielen Souvenirshops übrigens durch Pulcinella verkörpert, dem liebenswerten Maskenmann, der wichtiger Bestandteil der neapolitanischen Komödie war und heute bewaffnet mit roten Corni gegen den bösen Blick viele Touristen mit nach Hause begleiten darf.
Ein besonderer Genuss ist für mich in Italien immer das Essen. Ich liebe die italienische Küche und direkt in Italien schmeckt es natürlich besonders gut. Auch das italienische Lebensgefühl ist einfach anders als bei uns, was auch dazu geführt hat, dass meine Freundin Berlin nach einigen Jahren wieder verlassen hat. Bevor ich sie besucht habe, konnte ich dies nicht so ganz verstehen, aber wenn man nur eine einzige Woche in das italienische Kleinstadtleben eintaucht und eine so wundervolle Familie kennenlernt, versteht man, dass sie die meisten Menschen hier eher als kalt empfunden hat. Wie groß die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Italien, insbesondere Süditalien sind, hätte ich vorher auch nicht genau beschreiben können, im Endeffekt ist die Art dort zu leben, doch eine ganz andere. Unvorstellbar, dass wir uns in der Mittagspause 1,5 Stunden vor einem Restaurant anstellen, um eine Pizza zu essen. Aber in Neapel scheint das kein Problem, zumindest wenn es sich um eine gute Pizza handelt. Wir ließen uns bei Sorbillo in der Via dei Tribunali 32 auf einen Zettel schreiben, der „Türsteher“ meinte, wir sollten 45 Minuten später wiederkommen und nach diesem Zeitraum warteten wir noch einmal 45 Minuten vor der Tür, um einen Tisch zu bekommen. Dabei handelt es sich nicht um ein außergewöhnliches Restaurant, das Bier wird in Plastikbechern ausgeschenkt, aber die Pizza war unglaublich lecker und im Grunde hatten wir ja auch ausreichend Zeit, sodass ein wenig Wartezeit mit guten Gesprächen auch kein Problem ist, so wie es wohl die meisten Italiener dort auch sahen.
Nach der Pizza schlenderten wir weiter durchs Stadtzentrum, dass im Winter doch deutlich leerer ist, als wenn sich die Touristenmassen im Sommer durch die Straßen drängeln. Dabei ist es von den Temperaturen deutlich angenehmer als im Sommer und im Vergleich zum winterlichen Deutschland mild und fast schon warm. Warm genug zumindest um Eis und jede Menge Dolci zu essen.
Besonders beliebt, sowohl bei Touristen, als auch bei Einheimischen, ist Scaturchio am Piazza san Domenico, nicht zu verwechseln aufgrund seines Vesuvs-aus Babas im Schaufenster, diesen leckeren, pilzförmigen Küchlein, die vor dem Verzehr in Rum getränkt werden. Aber auch die Sfogiatelle sollte man hier unbedingt probieren und im Grunde ist es sowieso sehr schwer sich zu entscheiden, weil es so viele Leckereien gibt, die alle gleichermaßen ansprechend und lecker aussehen. Wenn man sich an Dolci sattgegessen hat und wieder Appetit auf etwas herzhaftes hat, was bei mir gerade in solch lebendigen Altstädten mit ihren vielen Streetfoodangeboten immer recht schnell geht, kann man sich als nächstes dem Cuoppo widmen. An den Cuoppoständen erhält man in einer Papiertüte jede Menge frittiertes, vorwiegend Fisch und Meeresfrüchte, aber auch Mozarella- und frische Teigbällchen und Gemüse. Ein Cuoppo reicht dabei gefühlt für eine ganze Familie, kann aber auch bei gutem Appetit alleine verzehrt werden. Wir hatten bei Il Cuoppo in der Via San Biagio Dei Librai Auberginen, Zucchini, Zucchiniblüten und Teigteilchen für nur wenige Euro und warten musste man auch nicht. Wer keine Angst vor Fettigem hat, sollte sich so eine Tüte nicht entgehen lassen.
So schön Neapel auch ist, richtiges italienisches Lebensgefühl habe ich nicht hier, sondern bei meiner Freundin Zuhause kennengelernt. Eine ganz besondere Erfahrung für mich, an der ich euch in der nächsten Woche auch teilhaben lassen möchte. Bis dahin lasse ich meine Gedanken ein wenig an den so wenig winterlichen Abend an der Promenade von Neapel zurückschweifen und hoffe, das wir auch bei uns bald wieder mildere Temperaturen genießen dürfen.
3 Antworten zu “Neapel im Winter”
Liebe Julia,
was für ein schöner Post! Und so tolle Bilder. Am Donnerstag fliege ich nach Neapel, um weiter auf die kleine Insel Procida zu fahren. Dein Bericht kommt gerade recht, um mein Vorfreude noch zu steigern. Auf deine weiteren Italienberichte bin ich sehr gespannt.
Lieber Gruß,
Sabine
Oh das klingt toll! Ich wünsche dir einen großartigen Aufenthalt und würde dich um ehrlich zu sein nur allzu gern begleiten!
Grüß mir Italien!
Alles Liebe,
Julia